Trauernde Kinder – Verluste einfühlsam begleiten

Trauer zeigt sich in vielen Gesichtern. Auch Kinder sind davon betroffen. Doch oft wird die kindliche Trauer nicht erkannt, da sie anders ist oder Erwachsene wissen nicht recht, wie sie damit umgehen sollen, sind sie doch meist selbst betroffen. Schnell bleiben die Kleinsten außen vor, wenn sie ihre eigenen Gefühle nicht benennen, Fragen nicht stellen und Gesten nicht äußern dürfen. Dann fühlen sie sich alleine, vergessen und mit tiefen Ängsten und Unsicherheiten konfrontiert.

Es beginnt mit den Sprachschwierigkeiten. Zunächst sind viele Erwachsene unsicher, wie sie mit den Kindern über Verlust, Trauer und Tod sprechen sollen. Was dürfen sie sagen? Was sollten sie für sich behalten? Was ist Tabu? Unsicherheiten übertragen sich auf Kinder. Wie spreche ich mit Kindern über den Tod? Versuche ich alles in blumigen Metaphern auszudrücken oder beschönige ich nichts? Da Kinder eine solche Bildsprache noch nicht verstehen können, da sie ihnen zu abstrakt ist, sollten Metaphern wie entschlafen oder heimgegangen oder Gott hat ihn heimgeholt vermieden werden. Sie führen zu Unsicherheit, Verwirrung und Angst, da sie wörtlich verstanden werden. Wünschenswert dagegen ist es, den Kindern direkte und ungeschönte Antworten zu geben. Davor schrecken Erwachsene oft zurück, doch Kinder sind für die Entwicklung ihres Selbst- und Weltverständnisses darauf angewiesen. Und sie verfügen über einen automatischen Schutzmechanismus: Wenn sie genug wissen oder nicht mehr darüber sprechen wollen, beenden sie das Gespräch darüber einfach und fragen möglicherweise zu einem anderen Zeitpunkt wieder nach. Kinder benötigen also Ehrlichkeit. Auch wenn Erwachsene ihre Gefühle zeigen. Sie merken sofort, wenn Sprache und Gefühle nicht übereinstimmen. Auch das führt zur Verunsicherung. Kinder benötigen also Erwachsene, die die Dinge beim Namen nennen, in wenigen klaren Worten. Dabei müssen Erklärungen nicht vollständig abgeschlossen sein. Gerade weil Kinder noch im Werden sind, brauchen sie keine endgültigen Antworten. Wenn Kinder dagegen merken, dass es Erwachsenen schwerfällt über Tod, Trauer und Verlust zu reden oder wenn sie es gar ganz verweigern, dann fragen sie aus Loyalität nicht mehr nach. Sie hören damit auch auf, sich Hilfe zu holen und bleiben mit den schweren Fragen alleine. So entstehen Fantasien, die angstbesetzt sind.

Kinder unter drei Jahren sind beim Benennen von Trauer und Verlust besonders auf Erwachsene angewiesen, weil es ihnen noch selbst an sprachlicher Ausdrucksfähigkeit mangelt. Oft denken Erwachsene daher, dass solche kleinen Kinder gar nicht trauern und übersehen dabei die Not, in der sie sich befinden. Für diese Kinder gibt es mittlerweile gute Bilderbücher zu dem Thema, die die Kleinen liebevoll begleiten und Parallelen aufzeigen. So verstehen Kinder auf Symbolebene, was passiert. Und da Kinder bis etwa 10 Jahren die Endgültigkeit des Todes noch nicht vollständig verstehen, sollten solche ausgedrückten Worte wie „Jetzt soll der Opa aber wieder vom Himmel runterkommen“ nicht korrigiert werden.

Zwischen sechs und zehn Jahren besteht ein eher nüchternes und sachliches Interesse am Thema Tod. Kinder sind jetzt wissbegierig, wollen auf Friedhöfe und Beerdigungen und haben auch wenig bis keine Berührungsängste am offenen Sarg zu stehen. Nun beginnt sich die Einsicht zu festigen, dass Verstorbenen nicht mehr zurückkommen und dass der Tod auch sie treffen kann. Daher tauchen nun auch viele Ängste und Fragen darüber auf. Die Vorstellungen vom Tod werden nun stark mit dem Gedanken verknüpft, dass dieser eine Strafe sei. Daher ist es wichtig nun die Todesursache zu benennen, um irrationale Schuldgefühle zu vermeiden.

Der Sinn des Lebens taucht zwischen zehn und vierzehn Jahren in der kindlichen Gedankenwelt auf. Gleichzeitig suchen sie nun nach eigenen Lösungswegen mit Trauer und Verlust umzugehen.

Kinder machen in ihrer Welt keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Der Verlust eines Haustieres kann sie genauso hart treffen, wie der der Großeltern. Sie trauern ungeteilt und aus ganzem Herzen. Dabei zeigt sich die Trauer der Kinder so unterschiedlich wie unsere eigene. So können sie als Schutzmechanismus zunächst etwa Abblocken und cool bleiben, während sich Fragen erst nach Wochen entwickeln. Auch können sie sich bedrohliche Erlebnisse und Geschehen von der Seele spielen und verarbeiten so die Dinge. Auch kommt es vor, dass Kinder im Angesicht des Todes zu Lachen beginnen. Als Mittel zur Abwehr hat Lachen eine heilsame Wirkung und war in früheren Jahrhunderten nicht unüblich. Hier tut sich die Frage auf, ob Kindern ein Abschiednehmen ermöglicht werden sollte. Auch Kinder erleben ein bewusstes Abschiednehmen als etwas Tröstliches und Gutes. Allerdings sollte Kindern immer die Wahl gelassen werden, sie sollten zu nichts gedrängt werden. Der Tod konfrontiert uns mit Ohnmacht und diese steht im Gegensatz zu dem, was Kinder in ihrer Entwicklung benötigen: Vertrauen, Zukunftsperspektiven, die Bestätigung eigener Fähigkeiten, Kontinuität, Stabilität, Freiheit und Wahlmöglichkeiten. Wer Kinder dann an einer Beerdigung teilnehmen lässt, muss sie darauf vorbereiten. Auf den Ablauf, den Ritus der Feier und was am Grab geschieht.

Trauer ist die angemessene Antwort des Gefühls auf verstörende Ereignisse. Ein richtiges Timing gibt es nicht. Jeder geht seinen eignen Weg! Auch verläuft Trauer nicht linear, sondern zyklisch. Vor allem Kinder trauern auf Raten. Diese Sprunghaftigkeit ist ein natürlicher Schutzmechanismus, der es von Zeit zu Zeit gestatten, sich dem Thema Tod zu nähern und schützt das Kind vor Überbeanspruchung. Würde das Kind sich in einem längeren Trauerzustand befinden, wäre dies eine zu große Bedrohung für die sich erst im Aufbau befindende Person. Das Ziel der Trauer ist dabei den Verlust eines Menschen zu begreifen und diesem Erlebnis in unserem Inneren einen Platz einzuräumen. Und das geht nun einmal nicht von heute auf morgen. Doch kindliche Trauer zeigt sich nicht nur im weinenden Kind. Auch abwehrende oder widerspenstige Kinder sind im Trauern. Und auch stille Kinder oder aggressive, auch diejenigen die Quatsch machen oder sich cool zeigen. Kindliche Trauer ist bunt und vielfältig. Und sie ist abhängig von unserer eignen Toleranz: Spüren Kinder unsere Offenheit, kennt ihr Erfindungsreichtum keine Grenzen mehr und sie können auf ihre eigene, individuelle Art trauern. Bedrohlich wird es, wenn Kinder keinen Erwachsenen haben, der erklärt, was geschieht.

Verlieren Kinder ein Elternteil, wird es sprichwörtlich entwurzelt. Durch die Eltern erfährt ein Kind Schutz und Sicherheit und kann sich neugierig seiner Welt zuwenden. Dies geht nun nicht mehr wie zuvor. Das Kind erlebt eine Wertminderung, es verliert einen Teil seines Selbstwertes und leidet unter diesem Mangel. Trauergruppen können hier hilfreiche sein. Und auch hier ist besonders wichtig: Kinder brauchen Erklärungen. Alles was unerklärt bleibt, übernimmt die Vorstellungskraft und diese ist oftmals weit schlimmer als die Realität. Auch Routine ist in dieser Zeit sehr wichtig. Vertraute Abläufe vermitteln Sicherheit und ein Stück Normalität.

Neben diesen angesprochenen Aspekten gibt es in der Trauerbewältigung noch viele mehr. Sollten Sie sich in einer solchen Lebensphase befinden und wünschen Unterstützung, so wenden Sie sich gerne an mich. Ich begleite einfühlsam Sie und Ihre Kinder in dieser schwierigen Phase.

Herzlichst

Victoria Knoth
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Fachberaterin Psychotraumatologie

Quelle: Ennulat, Gertrud (2011): Kinder trauern anders. Wie wir sie einfühlsam und richtig begleiten (7. Aufl.), Herder Verlag: Freiburg im Breisgau

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